Die Freudenstädter Außenstelle des WEISSEN RING bietet Opfern von Straftaten Hilfe zur Selbsthilfe
Den 22. März hat der WEISSE RING bundesweit zum Tag der Kriminalitätsopfer ernannt. Aber kostenlose Hilfe für Opfer von Straftaten bietet der Verein an 365 Tagen im Jahr an. So auch die acht Mitarbeiter der Freudenstädter Außenstelle.
Zeit für ein ausführliches Gespräch – das ist das Hauptpfund, mit dem der WEISSE RING wuchern kann, sagt Außenstellenleiterin Birgit Bihler. Die ehemalige Kripobeamtin und Erzieherin hat 2016 zusammen mit Sieglinde Schwarz, ehemalige Fachlehrerin und Schulsozialarbeiterin, die Außenstelle Freudenstadt vom früheren Leiter Kurt Winter übernommen.
Weitere Mitarbeiter sind Gymnasiallehrerin Daniela Dobberke, Petro Bihler, früherer Leiter des Kriminalkommissariats Freudenstadt, Kriminaltechniker Marc Kirn, Michael Scheuermann, ehemaliger Präventionsbeamter beim Polizeipräsidium Tuttlingen, die Sozialpädagogin und Schulsozialarbeiterin Manuela Sacherer und Daniela Haas, Diplom Verwaltungswirtin im Sozialamt des Landkreises Freudenstadt.
Alle Mitarbeiter sind ehrenamtlich aktiv, nur in der Bundesgeschäftsstelle in Mainz und in den Landeszentralen sind einige Hauptamtliche angestellt.
Im vergangenen Jahr wurden im Kreis Freudenstadt 62 Opfer von Straftaten beraten und begleitet. Die überwiegende Zahl der Hilfesuchenden sind Frauen – die Hemmschwelle bei Männern ist größer.
Die Gespräche werden in Räumen des Familienzentrums Freudenstadt geführt, wo sich die Mitarbeiter des WEISSEN RINGS auch sonst treffen. Eigene Räume hat die Außenstelle nicht.
Manchmal bleibt es beim eineinhalbstündigen Erstgespräch, andere Betroffene werden zwei Jahre lang betreut. Birgit Bihler gibt zu bedenken, dass die 62 Betroffenen nur etwa 1 % aller von Straftaten Betroffenen im Kreis sind. Die Polizei ist gehalten, Opfer auf die Hilfe durch den WEISSEN RING hinzuweisen. Über die Kontaktaufnahme entscheiden die Betroffenen aber immer selbst. Die Bandbreite der Taten reicht von Körperverletzung, Diebstahl und Einbruch über Betrügereien und Stalking bis zu sexuellem Missbrauch und Mord.
Ein Mitarbeiter des WEISSEN RINGS übernimmt einen Fall, zum Gespräch mit dem Opfer kommt aber i.d.R. ein zweiter hinzu. Die Außenstelle ist gut mit anderen Institutionen und Organisationen vernetzt. „Wir sind bei 5-6 Runden Tischen dabei“, sagt Birgit Bihler zum Beispiel auch mit der Frauenhilfe.
Die Mitarbeiter sind zum Schweigen über den Inhalt der Gespräche verpflichtet, außer vor Gericht. Die Mitarbeiter des WEISSEN RINGS werden bei Seminaren für ihre ehrenamtliche Aufgaben geschult. In der Freudenstädter Außenstelle engagieren Sie sich, weil sie - auch beruflich - oft erleben mussten, dass Opfer alleingelassen werden. Die meisten Mitarbeiter sind bereits im Ruhestand und haben somit den nötigen Freiraum für ihr zeitaufwendiges und oft auch seelisch belastendes Engagement.
Der WEISSE RING, vor mehr als 40 Jahren gegründet und Deutschlands größte gemeinnützige Hilfsorganisation für Opfer von Straftaten, finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Nachlässe und die Zuweisung von Geldbußen.
Am Tag der Kriminalitätsopfer am Freitag 22. März ist die Freudenstädter Außenstelle des WEISSEN RINGS von 8 bis 13 Uhr mit einem Infostand auf dem Freudenstädter Marktplatz präsent. Zudem laufen an diesem Tag in Central Kino und im Subiaco Kino in Freudenstadt kurze Werbefilme über den WEISSEN RING.
Weitere Informationen gibt es bei der Außenstelle Freudenstadt des WEISSEN RINGS unter Tel. 0151 55164778 oder per E-Mail an WEISSER-RING-fds@gmx.de.
Menschlicher Beistand für Kriminalitätsopfer und ihre Angehörigen, aber auch Hilfe im Umgang mit Behörden und Begleitung zu Terminen bei Polizei und Gericht bietet der WEISSE RING ebenso, wie Unterstützung bei der Durchsetzung von Ansprüchen und Leistungen und der Vermittlung von Hilfen andere Stellen. Er übernimmt aber auch Kosten für einen Beratungstermin beim Anwalt und drei Termine bei einem Psychologen zur psychotraumatologischen Erstberatung. Opfer von Sexualstraftaten können im Krankenhaus kostenfrei Spuren sichern lassen, die dann anonymisiert gelagert werden. Auch die Übernahme der Kosten für eine Tatortsäuberung ist möglich.
Erst gibt es unbürokratische Hilfe, dann folgt eine Prüfung der Bedürftigkeit. Dem WEISSEN RING kommt vor allem eine Lotsenfunktion zu. Im Beratungsgespräch wird sondiert, welche Hilfe für die Betroffenen nötig ist. Das kann materielle Soforthilfe in Höhe von bis zu 300 € oder auch immaterielle Unterstützung sein.
Der Leitgedanke ist dabei stets: „Hilfe zur Selbsthilfe“.
Quelle: Schwarzwälder Bote vom 16.03.2019, Claus Wiegert