Beleidigungen, Drohungen, tätliche Angriffe: Täglich werden Menschen Opfer von physischer oder psychischer Gewalt. Noch schlimmer wird die Lage für die Betroffenen, wenn sie in diesen Momenten auf sich allein gestellt bleiben.
Dann ist Zivilcourage gefragt: Der WEISSE RING, Deutschlands größte Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer, möchte alle Bürgerinnen und Bürger zu entschlossenem Eingreifen ermutigen. „Jeder Einzelne ist gefordert, sich einzumischen, wenn er Zeuge von Unrecht wird“, sagt Birgit Bihler, Außenstellenleiterin Freudenstadt. „Gemeinsam müssen wir uns der Verrohung der Gesellschaft entgegenstellen, egal ob es um Übergriffe in der Nachbarschaft geht, auf offener Straße oder im Internet.“
Wer selbstlos und couragiert Betroffenen zur Seite stehe, betreibe aktiven Opferschutz, so Bihler weiter. Er beschütze und unterstütze Menschen – und setze damit ein deutliches Zeichen gegen eine Kultur des Wegschauens. Darauf will der WEISSE RING mit dem 31. „Tag der Kriminalitätsopfer“ am 22. März aufmerksam machen. In ganz Deutschland organisieren die knapp 3000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins – unter den Bedingungen der aktuellen Corona-Lage – Aktionen zum Thema „Zivilcourage“.
In den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses rückt Zivilcourage häufig nur bei besonders spektakulären Fällen. So stoppten beispielsweise in Würzburg Passantinnen und Passanten einen Mann, der mit einem Messer Menschen angriff und tötete. Aber solche Fälle sorgen auch für Unsicherheit und Ängste. Was genau ist das eigentlich, Zivilcourage? Wann, wo und wie soll jemand Zivilcourage zeigen? Und ist das nicht gefährlich? Der WEISSE RING hat „Zivilcourage“ zu seinem Jahresthema 2022 ausgerufen, um Antworten auf diese Fragen zu geben.
Birgit Bihler erklärt: In bedrohlichen Situationen ist vor allem das umsichtige Beobachten und Handeln aus der Distanz wichtig, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Im Zweifelsfall sei die Polizei per Notruf 110 hinzuzuziehen. „Wichtig ist es: zu handeln, bevor sich die Lage möglicherweise zuspitzt! Zeugen sollten sich, wenn möglich, Hilfe hinzuholen und andere auf die Situation aufmerksam machen. Was ganz wichtig ist: Dem Opfer muss geholfen werden.“ Konflikte könnten idealerweise in ihrer Eskalationsspirale ausgebremst werden, bis die Polizei eintrifft. „Wir müssen den Menschen die Ängste nehmen“, sagt Birgit Bihler, „und sie ermutigen, aktiv einzugreifen.“ Die Außenstelle Freudenstadt beteiligt sich mit einem Infostand am 25.03.2022 von 9-13 Uhr beim Rathaus Freudenstadt.
Ein Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt die Bedeutung des Themas: 2020 gab es in Deutschland 1.023.791 Fälle von Straßenkriminalität, darunter 55.467 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung, und 240.575 Beleidigungen. Bei entschlossenem und umsichtigem Eingreifen, sprich: Zivilcourage, könnten viele solcher Straftaten in Zukunft verhindert werden.
Die knapp 3000 professionell ausgebildeten Opferhelferinnen und Opferhelfer in den fast 400 Außenstellen des WEISSEN RINGS stehen allen Betroffenen in Notlagen persönlich zur Seite. Das gilt natürlich auch für Menschen, die als Helfer oder Zeugen von der Tat betroffen sind.
Hintergrund-Info zum „Tag der Kriminalitätsopfer“
Seit 1991 macht der WEISSE RING mit dem Tag der Kriminalitätsopfer alljährlich am 22. März auf Menschen aufmerksam, die durch Kriminalität und Gewalt geschädigt wurden. Er soll das Bewusstsein für Opferbelange in Deutschland stärken und Informationen zu Prävention, Schutz und praktischen Hilfen geben. Inzwischen ist der Aktionstag fester Bestandteil im Kalender von Institutionen aus den Bereichen Politik, Justiz und Verwaltung, aber auch Vereinen und Schulen geworden.
Der WEISSE RING wurde 1976 in Mainz gegründet als „Gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten e. V.“. Er ist Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität. Der Verein unterhält ein Netz von fast 3.000 ehrenamtlichen, professionell ausgebildeten Opferhelferinnen und -helfern in bundesweit 400 Außenstellen, beim Opfer-Telefon und in der Onlineberatung. Der WEISSE RING hat mehr als 100.000 Förderer und ist in 18 Landesverbände gegliedert. Er ist ein sachkundiger und anerkannter Ansprechpartner für Politik, Justiz, Verwaltung, Wissenschaft und Medien in allen Fragen der Opferhilfe. Der Verein finanziert seine Tätigkeit ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und testamentarischen Zuwendungen sowie von Gerichten und Staatsanwaltschaften verhängten Geldbußen. Der WEISSE RING erhält keine staatlichen Mittel.